Zeit für Abenteuer

Unsere Reise durch Südwesteuropa: Frankreich, Andorra, Spanien und Portugal. Wer uns begleiten möchte...

Ab durch die Mitte und einfach raus...

Urlaub ist Abenteuer, auch wenn es kein Abenteuerurlaub ist. Und nachdem 2022 in nahezu jeder Hinsicht anders verläuft, als wir es uns selbst in den kühnsten und unwirklichsten Träumen ausgemalt hatten, starten wir für vier Wochen ohne festen Plan - aber auch ohne Fesseln, Druck und feste Termine in genau den Urlaub, den wir brauchen.

Raus aus dem Alltag. Den Kopf frei bekommen. Kraft tanken. Tun, was gut tut und worauf man Lust hat. Entschleunigen heißt das Motto, Achtsamkeit das Stichwort. Was eignet sich dazu besser, als eine entsprechende Luftveränderung abseits ausgetrampelter Pfade.

Tag 25 – Drei an einem Tag oder vom Ende einer Traumreise

 

Irgendwann geht jede Reise zu Ende. Oder besser gesagt: Irgendwann kommt jeder an. Da schwingt automatisch ein Hauch Wehmut mit. Aber unterm Strich bleibt ein riesiger Strauß an Erinnerungen, die uns keiner nehmen kann. Und das unvergleichlich wohlige Gefühl, vier Wochen ohne die Fesseln des Alltags. Dafür aber voller kleiner und großer Erlebnisse, herzlicher Momente, traumhafter Landschaften und unglaublich wechselhafter Natur. Wir haben wenig geplant, oft in den Tag gelebt und uns immer so kurz wie möglich für die nächste mögliche Station entschieden. Genau so war das einfach wunderbar. Ein Hauch von einfacher Freiheit, wie er uns leider oft abhandenkommt.

 

Der Rückreisetag

Wir starten morgens um sechs Uhr am Hotel. Es ist finstere Nacht, hier draußen. Eine Dunkelheit, wie man sie bei uns in Deutschland wahrscheinlich selten erlebt, da es durch die Ortschaften eine gewisse Grundhelligkeit gibt. Die sucht man man hier vergebens. Als wir dem sich langsam einschleichenden Sonnenaufgang entgegenfahren, durchflutet das Licht des Tages unsere Heimat längst, wie uns unser Sohn per WhatsApp App mitteilt. 

 

Unser Plan für die Heimreise: Kein Plan. Wir fahren, solange wir Lust haben, so lange wir können. Und wenn wir nicht mehr wollen, suchen wir uns ein Platz zum Übernachten. 

 

Vor Valencia füllen sich die Straßen langsam, wird der Verkehr langsam dichter. Barcelona lassen wir links liegen und sind am späten Nachmittag bereits in den Pyrenäen über die Grenze nach Frankreich. Spätestens alle zwei Stunden gibt es vom Start weg einen Fahrerwechsel und eine kurze Pause. So sind wir beide noch recht frisch. Eine Bleibe für die Nacht zu suchen, haben wir keine Lust und beschließen es, weiterzufahren. Bezier, Montpellier, Nimes, Orange und Lyon ziehen vorbei. Längst hat sich der Tag verabschiedet, ist die sanfte Röte der Abenddämmerung dem Dunkel der nächsten Nacht gewichen. Und wir fahren noch immer. 

 

Nach Lyon wird es endlich wesentlich ruhiger, enden die zeitweisen Staus und Stop-and-Go-Phasen, die uns bis hierher durch Frankreich begleitet haben. Es wird deutlich angenehmer zu fahren. Jetzt wissen wir, wir ziehen es durch, obwohl sich die Ankunftszeit immer weiter nach hinten schiebt. Hätten wir ursprünglich um 2.30 Uhr daheim sein sollen, rückt die Anzeige nun konsequent nach vorne und pendelt sich irgendwann bei 5.30 Uhr ein. Egal. Die Grenze kommt mit jeder Umdrehung der Reifen näher. Irgendwann steht dann auch schon Freiburg auf den Schildern. Also haben wir wirklich drei an einem Tag geschafft: Spanien, Frankreich und Deutschland. 

 

Kaum auf heimischen Boden, beginnt wieder, was vier Wochen zuvor so ähnlich war. Der Geschwindigkeitswahn erfasst die Lenker der Pkw aus den Niederlanden, Belgien und natürlich Deutschland. Doch um vier Uhr in der Früh, lässt uns das kalt. Karlsruhe rauscht vorüber und keine Stunde später ist Stuttgart in Sichtweite. Um 5.20 Uhr steht der kleine T-Cross mit seinem geflickten Reifen auf seinem Parkplatz und ein paar Minuten später sind wir im Land der Träume.

De nuevo en casa - oder einfach: zurück zuhause

Somit ist nun unser persönliches Abenteuer dieser Reise zu Ende. Und es war ein Erfolg. Alles, was wir erlebt, beschrieben und erzählt haben, gibt natürlich nur unsere subjektive Empfindung und individuelle Wahrnehmung von Orten und Ereignissen wieder. Wo es uns gefallen hat, muss es anderen nicht gefallen. Oder andersrum. Vielleicht mögen manche die Stille nicht, die uns an vielen Flecken unserer Reise regelrecht angeschrien hat. Während wir eher Abgeschiedenheit gesucht und gefunden haben, muss es für manche eben laut und voller Action sein. Die Campergemeinde hält uns wahrscheinlich für Weicheier und die Cluburlaub-Fraktion für Öko-Freaks. Aber egal. Wir haben versucht, so nachhaltig wie möglich unterwegs zu sein, wir sind sogar knapp unter unserem veranschlagten Budget geblieben und somit haben uns die vier Wochen nicht mehr gekostet, was so manches Paar für zwei Wochen All-Inklusive bezahlt. 

 

Fazit: Es hat sich erfüllt, was wir uns unter dieser Reise vorgestellt haben. Wir hatten den Urlaub, den wir uns erhofft hatten. Was will man mehr. Ein Urlaub wie ein Traum. Oder einfach ein Traumurlaub. Fortsetzung folgt.

Tag 24 - Der kleine Grand Canyon, unendlich viele Mandelbäume, ein Hauch von Game of Thrones und die lustige Bodega

Zeit verfliegt. Und gefühlt rast sie in schönen Momenten wie ein Formel 1 Rennwagen an einem vorbei. Natürlich ist das bei uns nicht anders. Leider. Heute war der letzte volle Tag unserer Rundreise. Vor uns liegen ab morgen über 2.100 Kilometer Autobahn.


Doch wir haben einen für uns perfekten letzten Tag erwischt. Nach dem auch heute wieder hervorragenden Frühstück sind wir nach dem etwa eine Stunde entfernten Gorafe aufgebrochen. Die kleine Stadt liegt am Fuß eines Canyons im Parque Natural Sierra de Bozza und Touristen verirren sich anscheinend eher selten hierher. Schließlich ist dieser rückwärtige Teil der Sierra Nevada noch kaum touristisch erschlossen. Das wird spätestens klar, als der hilfsbereite Mann am Schalter im Rathaus erstmal für 10 Minuten verschwindet. Wir hören, wie Kisten umgeschichtet werden und Papier durchwühlt wird. Irgendwann kommt er wieder und drückt uns zwei Wanderkarten in die Hand. Der Ort liegt direkt am Felshang und es fällt schnell auf, dass viele Häuser in den Berg gebaut sind und von außen aussehen, wie die Höhlen der Hobbits in den Filmen zu Tolkiens Herr der Ringe.


Nachdem wir im zweiten Anlauf dann auch den richtigen Einstieg gefunden haben, geht es erstmal 2,4 Kilometer ordentlich steil nach oben, zur Oberkante des Canyons. Dort folgen wir dann der Ruta del Desierto de Gorafe. Links entfaltet sich ein unglaublich grandioses Panorama, rechts ziehen sich unendliche Mandelbaumfelder.


Am Ende des Plateaus erwartet uns ein Aussichtspunkt. Der sich dort bietende Blick raubt den Atem, dass die Spucke wegbleibt. Wir setzen uns auf die Felsen und genießen für einen unendlichen Moment die Stille, die Weite, die Landschaft, die Natur. Und außer drei Bikern und zwei Frauen im Auto begegnet uns die ganze Zeit niemand. Und alle, die nicht hier sind, ahnen nicht, was ihnen entgeht.


Die Sonne brennt heute erbarmungslos, weshalb wir irgendwann den Rückweg antreten. In Guadix gibt es einen kurzen Abstecher in den Supermarkt, für ein paar letzte Besorgungen. Doch vorher zieht es uns noch in ein unscheinbares Café. Und hier steppt der Bär. Fast all Tische sind besetzt. Handwerker in der Pause, plappernde Frauen, noch lauter plappernde Männer. Ein bunt gemischter Haufen, wahrscheinlich ein guter Querschnitt der Stadt. Der Geräuschpegel ist ohrenbetäubend, der Kaffee schön stark und schwarz, die kleinen Naschereien köstlich. Insgesamt einfach wundervoll und lebendig.


Und weil Kai eben Kai und ein Film- und Serienfreak ist, kommen wir am Castillo de La Calahorra in La Calahorra vorbei. Die charakteristische Burg mit ihren runden Türmen dürfte den aufmerksamen Fans von Games of Thrones bekannt vorkommen, denn Teile wurden hier gedreht. Allerdings bleibt nicht viel Zeit, denn wir haben noch ein Date. Und zwar in der Bodega Mendez Moya in Dolár. Der Weg führt etliche Kilometer in die Prärie hinaus, bis wir auf einem Hügel einen kleinen Turm erspähen. 


Senior Mendez empfängt uns herzlich in seinem Haus. Da er weder Englisch noch Deutsch spricht, hat er ein Gerät bei sich, das wie ein etwas zu dick geratener iPod der zweiten Generation ausschaut, und snisch-deutsch oder deutsch-spanisch übersetzt. Und so kommuniziert Senior Mendez, 58 Jahre, weiße Hose, rotes Hemd, ergrauter Kurzhaarschnitt mit großen Augen und wachsendem Spaß mit uns. Er führt uns exklusiv durch sein kleines Weingut. 50.000 Flaschen pro Jahr, fünf Weine, alle kosten gleich. “Wir wollen nicht reich werden, wir wollen Spaß haben, bei dem was wir tun”, erläutert er uns seine Philosophie. Auch jetzt, wo alles teurer werde, hätten sie die Preise mit Absicht nicht erhöht. Seit 2000 existiert das Weingut, 2005 war der erste Wein auf dem Markt. Nach Holland, Schweden und Japan liefert er. Ganze zwei Stunden nimmt er sich Zeit. Und als wir aufbrechen wollen, rauscht die Familie an. Der Onkel hat 38 Jahre mit seiner Familie in Deutschland gelebt bei der Bundesbahn und zuletzt bei Bosch in Hildesheim gearbeitet und spricht noch immer gut Deutsch. Der Sohn arbeitet noch heute bei Bosch in Feuerbach. Der alte Mann hatte sichtlich seine Freude und hörte gar nicht mehr auf zu reden. Eine Szene, wie in einem Film. 


Doch nun mussten wir uns zum letzten Abendessen sputen. Ein kleines Festessen, in dieser kleinen Oase. Der Garten war voll, die Atmosphäre herrlich entspannt, frei von Hektik. Da fällt es schwer, im Anschluss die Koffer zu packen und die vielen Eindrücke und unvergesslichen Momente hinter sich zu lassen.   

Tag 23 - Alhambra, Selfie-Wahn und der geflickte Reifen

Es gibt Tage, die wollen einfach nicht so rund laufen, wie man es sich ausgemalt hat. Heute war so einer.


Nach Granada in die Alhambra sind wir früh aufgebrochen. Aber dort war es vom Start weg ziemlich voll. Das war schade, denn die prächtige Anlage aus Gärten und Palästen lohnt ohne jeden Zweifel einen Besuch. 


Wir starten mit den Generalife Gärten, wundervoll verspielten Grünanlagen und man könnte sich vorstellen, wie hier früher flaniert wurde oder - wie eine Anekdote lautet - der Prinz seine Frau mit ihrem Geliebten, einem Ritter, im Patio erwischt hat. Wie gesagt, man könnte. Wenn man nicht ständig über Leute stolpern würde, die für ihre Selfies und künstlichen Posen überall im Weg stehen. 


Weiter geht es zu den königlichen Palästen: Palacios Nazaries. Die Schlange ist lang, aber die Wartezeit trotzdem angenehm kurz. Im prächtigen Palast heißt es dann vom Audioguide, man soll die Ruhe und Stille genießen, die würdevolle Architektur auf sich wirken lassen. Absolut. Das sollte man. Man kommt leider nur nicht einmal im Ansatz dazu. Man findet kaum einen Platz, um in Ruhe den Ausführungen des Audioguides zu lauschen. Alles scheint vor Menschen überzuquellen, wie aufkochende Milch. Aber die sind meist nicht damit beschäftigt, die schöne, reich verzierte Architektur zu bewundern, deren Ursprung maurisch ist und deren Formen von den Christen bei der Weiterentwicklung aufgenommen wurden. Auch interessiert sich maximal eine Minderheit mit der Geschichte dieses gewaltigen historischen Bauwerks. Nein, gefühlt wird nur nach dem besten Hintergrund für irgendwelche Selfies geschaut, stellen Mütter sich oder ihre Kinder in öde Posen und animieren die Männer ihre Frauen, sich wie ein Topmodel zu verrenken. Peinlich. Nervig. Ärgerlich. Und so geht das die ganze Zeit, vorwiegend an interessanten Orten, Engstellen oder dort, wo ohnehin viel Auftrieb ist. Und von Respekt vor diesem Ort keine Spur. Vor einem Raum, in dem sich Männer zum Beten zurückziehen, wird man um Ruhe gebeten. Vergeblich. 


Kurzum: Wir sind froh, als wir, nach dem Palacio Carlos V und nach La Alcazaba, draußen sind. Leider! Denn dieses Urteil hat der Ort an sich nicht verdient. Aber wieder einmal wissen wir, warum wir lieber gegen den Strom schwimmen. Uns zieht es nicht dorthin, wo Touristenschwärme wie die Heuschrecken in historischen Stätten einfallen, und sich wie oben beschrieben verhalten. Wir wissen, wie wir aussehen, und müssen uns später nicht von jedem Bild aus noch selbst angrinsen.


In einer netten Bar im El Albaicín, dem alten und sehr charmanten arabischen Viertel von Granada, genehmigen wir uns einen kleinen Happen (Vegetarian Meatballs!!! stand auf der Karte) und als Dessert in einer süßen, winzigen Kaffeebar noch einen unvermeidlichen Café Solo und einen leckeren Karottenkuchen. Das Leben ist schon schön :) 


Die spanische Methode

Bevor wir im Hotel sind, wollen wir unseren Flitzer an der Tankstelle vor der bald anstehenden Heimreise noch vom Staub der letzten Wochen befreien. Eigentlich waren wir uns sicher, mit einem schwarzen Auto zu Hause losgefahren zu sein. Aber seit Tagen stand immer ein beiges vor der Tür. Doch wir hatten recht: mit reichlich Wasser kam die echte Farbe wieder zum Vorschein. 


Allerdings auch ein fetter Nagel im Hinterreifen. Zwei Tage vor Beginn der Heimreise. Marc, unser in Spanien assimilierter, deutschprachiger, belgischer Hotelier, war sofort pragmatisch zur Stelle und fuhr mit uns zu einer vier Kilometer entfernten und sehr skurrilen Autowerkstatt. Als wir darauf zufahren, erspähen wir einen ramponierten und längst ausrangierten Bus, auf dessen Dach eine alte Ami-Karosse mit einem Surfbrett stand. Neben der Einfahrt türmten sich meterhoch alte Autoreifen. Auf dem Hof unzählige und wenig vertrauenserweckende Autos, die bei uns nie und nimmer durch den Tüv kommen würden. Am Rand ein schöner, aber sehr alter Schäferhund, der uns ziemlich desinteressiert beobachtete, während er in Zeitlupe über den Hof trottet. Auf dem Dach dreht sich unentwegt ein verrostetes Werbeschild quitschend im Wind. 

Und dann der Monteur. Ein kleiner, muskelbepackter Spanier, höchstens einssiebzig groß, struppiges und kurzes schwarzes Haar und dichter Vollbart, mit ölverschmierten Klamotten. Er wollte eigentlich gerade Feierabend machen. Aber ohne Zögern schaute er sich den Reifen an. Absolut hilfsbereit und wie selbstverständlich. Als er den Übeltäter erspähte, meinte “perfecto!” und sah uns dabei anerkennend an. Das sollte heißen: Das habt ihr gut hinbekommen. Aber ohne groß zu fragen, legte er dann los, als sei er auf Speed. Nach der uns bislang unbekannten spanischen Methode, entfernte er den gut vier Zentimeter langen Nagel, stach ein noch größeres Loch in das Gummi, durch das er eine zähe Masse einführte, strich eine klebrige Paste darüber und schnitt dann mit einem Tapeziermesser überschüssiges Material ab. So flickte und klebte er den Reifen und wir machten allesamt große Augen. Fünf Euro wollte er dann von uns. Das haben wir gerne gezahlt. Und noch das dreifache für die Kaffeekasse als Dankeschön  für die spontane Hilfe draufgelegt.


Jetzt gönnen wir uns nach der Aufregung einen Aperitif und sind einmal mehr begeistert von der maximal unkomplizierten Art, wie hier mit Herausforderungen umgegangen und geholfen wird. Das wunderbare Abendessen mit der typischen regionalen kalten Salmorejo-Suppe, einem gegrillten Lamm, Couscous mit Mozzarabique und einem Reispudding stimmt uns dann glücklich. Dazu ein absolut erwähnenswerter Sauvignon Blanc vom Bioweingut Bodega Mendez Moya, Dólar, etwa 15 Minuten von hier entfernt. 


Hatten wir Montag noch unser exklusives private Dinner, rücken heute gegen 21.30 Uhr die Einheimischen zusätzlich zu den Hotelgästen an. Cerveza und Vino fließen in Strömen, die Kinder schwirren über die Terrasse, der Rest der Familien hockt schnatternd zusammen. Es wird viel gelacht. Ein ausgelassener und lauer Sommerabend. Schön zu sehen, dass dieser Platz so angenommen und frequentiert wird. Es lebt am A…. der Welt. Und das ist gut so.

Tag 22 - Für eine Handvoll Dollar durch die Sierra Nevada    

Der neue Tag begann, wie der letzte ausgeklungen war: Mit einem unerwarteten Verwöhnprogramm. Im lichtdurchfluteten Frühstücksraum des Hotelrestaurant erwartet und eine liebevoll gedeckter Tisch mit einem wunderbaren Frühstück. Frisches Obst, auf den Punkt gekochte Eier, eine kalte Gazpoachio, warme Croissants, mit gefüllte Blätterteigtaschen, knuspriges Bocadillo (spanisches Baguette), etwas Manchego und frisch gepresster Orangensaft. Dazu frisch gebrühten Americano und Cafe Solo. Wir sind uns einig: Das mit Abstand beste Frühstück unserer Reise. Entzückt und verzaubert starten wir also gestärkt in unseren heutigen Ausflug.


Erste Station Tabernas. Ein kleines 3.500 Seelen Örtchen mit einer maurischen Burg. Die Hauptstraße ist voller Leben, die Bars gefüllt, einige Ältere stehen für einen Schwatz auf der Straße. Der erste Weg führt hinauf zur Burg und nach einem ersten Blick in die Landschaft macht sich allerdings etwas Enttäuschung breit. Den Schwärmereien von der beeindruckend phänomenalen Wüstenlandschaft können wir zumindest von hier aus nicht folgen. Also beschließen wir wieder mal absichtlich vom Herdentrieb abzuweichen und über eine wunderschöne Bergstraße etwas ins Hinterland zu fahren. Und bald schon wird die Landschaft aufregender, gleicht hier einer Steppe und dort einer bizarren Mondlandschaft. So macht es Spaß, durchs Land zu fahren. Aufhalten kann uns nur ein Schild mit einer fetten Warnung vor einer Straßensperrung. Notgedrungen geben wir uns geschlagen. Doch auch auf diesen drei Vierteln des Weges entfaltet sich ein Panorama, wie man es sich im Westen der USA vorstellt. Wir konnten in der Einfahrt eines Bauern halten und einige Zeit aussteigen und dieses Naturspektakel in aller Ruhe und Stille in uns aufsaugen. Unendliche Weite, Freiheit, Einfachheit - aber sowas von schön.


Und genau diese Karge, wüstenähnliche Landschaft war es, die in den 1960ern italienischen Regiesseur Sergio Leone bewegt hat, diese überwältigende Naturkulisse zum Drehort seiner Spaghetti-Western zu machen. Clint Eastwood stand 1964 in der bekannten Dollar Trilogie (“Für eine Handvoll Dollar” 1964, “Für ein paar Dollar mehr” 1965 und “Zwei glorreiche Halunken” 1966) vor der Kamera. Auf dem Fundament dieser Filme begründete Eastwood seinen Weltstarstatus. Mehr dazu findet ihr auch in meiner im Schüren Verlag erschienen Biografie über “Clint Eastwood - Ein Mann mit Eigenschaften” (kleiner Eigenwerbeblock :). Auch die legendäre Western-Oper “Spiel mir das Lied vom Tod” (1968) mit Charles Bronson, Henry Fonda und Claudia Cardinale entstand nicht in der amerikanischen Wüste, sondern in diesem Landstrich. Wer Spaß daran hat, kann die Westernstadt Fort Bravo und Texas Hollywood besuchen, die nachgebaute Kulissen für Familien und Kinder auferstehen lassen. Wir haben darauf verzichtet und stattdessen die Wüste genossen. Immer wieder säumten Lost Places, verlassene, seit Jahrzehnten verfallende Häuser den Weg. Alles erinnert wirklich an die Western mit der weltbekannten Musik des Komponisten Ennio Morricone - die wie gemacht für diese Landschaft scheint. 


Nächste Staion war eigentlich die Hafenstadt Almeria, von der aus es auch Zugang zu malerischen Stränden geben soll. Allerdings sind wir schnell beigedreht und lieber etwas weiter ins Landesinnere gefahren. Es war uns einfach zu voll, die Stadt und schon nach wenigen Metern zu groß. Die umliegende Landschaft ist vollgepflastert mit gigantischen Gewächshäusern aus Plastik. Darunter wird drei Mal pro Jahr das Gemüse (Tomaten, Paprika usw.) angebaut und geerntet, das wir in unseren Supermärkten essen. Wenn man das sieht, fragt man sich: Im Winter Tomaten, muss das sein? 


Nächstes Ziel: Ugijar. Ein süßes kleines Dorf in den Bergen der Sierra Nevada . Touristen gibt es hier nicht. Aber eine ordentliche Bardichte. Und wie kann man ein Land, eine Region, eine Stadt besser kennenlernen, als in den örtlichen Bars? Also sind wir etwas durch das aufgeräumte Dörfchen getigert und haben dann in einem netten und gut besuchten Café bei feinen Jazzklängen und dem vielstimmigen, ausgelassenen und fröhlichen Geschnatter der Bewohner, einen wunderbaren Cafe Solo genossen.


Weiter ging es eine spannende und stellenweise schweißtreibende Bergstraße in den Nationalpark der Sierra Nevada, die sich über eine schier unendliche Zahl an Kehren immer weiter Richtung Himmel schraubte. Zum Glück kam uns kein Auto entgegen, denn für zwei war eigentlich kein Platz und während auf der einen Seite nackte Felsen grinsten, lächelte auf der anderen Seite die Tiefe. So kamen wir an den beiden spektkulär in den Bergen hängenden und wunderschönen Dörfern Mairena und Laroles vorbei. Offenbar verirren sich wenige nicht Spanier auf diese Strecke, denn aus den Bars am Straßenrand wird unser Kennzeichen immer wieder neugierig beäugt. Aber genau so mögen wir es.


Noch über 30 Kilometer Bergstraße liegen vor uns. Wir umrunden Berge, durchstreifen Täler, die Straßen sind top, aber eben mal etwas breiter und mal etwas schmaler. Mal mit und mal ohne Befestigung an den Seiten. Für unser typisches Mittags Picknick machen wir dann auf 2.000 Metern am Puerto de la Ragua Rast, inmitten eines duftenden Nadelwaldes, genießen unser regionales Obst und die Landschaft. Zurück auf der Straße winden wir uns langsam  dem Tal entgegen und entspannen uns später am Pool, in dem wir auch ein paar Runden drehen.


Am Abend dürfen wir wieder die unbeschreibliche Gastfreundlichkeit des herzlichen Paares genießen, die das Hotel betreiben, in dem wir einige Tage sind. Das Essen (Croquetes in drei Variationen, Thunfisch, Tomaten-Carpaccio und Cheesecake), dazu einen hervorragenden Sauvignon Blanc von der Bodega Mendez Moya, ca. 20 Kilometer von hier. Ein weiterer perfekter Tag ist leider viel zu schnell vorüber gegangen - und wir durften jede Sekunde davon mit vollen Zügen genießen.

Tag 21 - Ein Meer aus Felsen, der Flügelschlag der Schmetterlinge und ein private Dinner

Nach Tagen in der Stadt Cordoba, die uns absolut hinreißend gefallen hat, steht wieder eine Luftveränderung an. Heute geht es, nach dem für uns frühen Frühstück, in Richtung Granada.


Doch wie kann es anders sein: Einfach im Auto sitzen und die Landschaft an sich vorbeiziehen lassen, das ist zu wenig, nicht unser Ding. Daher ist ein Zwischenstopp geplant, den wir nach knapp neunzig Minuten erreichen. 


Eigentlich hätten wir gerne eine richtige Abenteuertour durch die Garganta del Chorro (El-Chorro-Schlucht) gemacht. Vier Kilometer, ganze 400 Meter tief und teilweise nur 10 Meter breit. Das wäre es gewesen. Aber hier macht uns unsere spontane Art zu reisen und nicht viel vorher zu planen, leider einen Strich durch die Rechnung. Tickets für den Trail gibt es erst am 27. August. Schade, but thatˋs life.


Eine gut ausgebaute Bergstraße führt uns nun stattdessen zum Calle el Torcal de Antequera und wir werden gut entschädigt. Der Parkplatz ist zur Hälfte gefüllt, ein Bus wird gerade vollgepackt und fährt kurz darauf ab. Uff, Glück gehabt. Im Besucherzentrum statten wir uns mit einer Wanderkarte aus, spazieren die 100 Meter zum ersten Aussichtspunkt und folgen dann den gelben Markierungen. Damit startet eine etwa zweistündige ansprechende, aber keinesfalls anspruchslose Wanderung durch ein Meer aus Felsen und natürlichen, skurrilen Steinformationen. Wir trafen auf maximal ein halbes Dutzend anderer Wanderer. Die Meisten biegen mit ihren Ballettschuhen früh ab und folgen den grünen Wegmarken. Für unseren Weg, so heißt es, sollte man unbedingt Wanderschuhe tragen. Und man sollte den vorgegebenen Pfad nicht verlassen, da das Gelände hervorragend geeignet sein ist, um sich darin zu verirren. Beides glauben wir sofort. Bald begleitet uns nur die Stille, der lautlose Flügelschlag der Schmetterlinge und das Surren der Fliegen. Klar, wir haben bei 36 Grad ordentlich geschwitzt, aber sie wären auch so um uns herum geschwirrt.


Wieder zurück am Auto hören wir zum erstenmal wieder heimische Worte. Eine deutsche Familie (vermutlich aus der Gegend um Mannheim) hatte sich auch hierher verirrt und als wir fast schon vom Parkplatz fahren wollten, bog ein Mercedes-Cabrio aus Esslingen ein. Ungeachtet der Fülle an Baden-Württembergern, machten wir uns in Richtung Hotel auf, das etwa 60 Kilometer hinter Granada in “freier Wildbahn” liegt. 


Bis dahin: Vielfach ein silber schimmerndes Meer aus Olivenhainen, große Solaranlagen und sich kraftvoll drehende Windräder in einer Landschaft, die immer wieder ihr Aussehen wechselt, wie Businessleute ihre Hemden. Zeitweise wirken die hohen roten Sandsteinfelsen wie aus einem amerikanischen Western und man würde sich nicht wundern, wenn gleich Clint Eastwood oder John Wayne um die Ecke reiten würden.


Erst vor einem Jahr eröffnet, ist das Boutique Hotel Molino de Enmedino ein schickes modernes Gebäude, das sich angenehm in die andalousische Landschaft fügt. Wir werden sehr freundlich begrüßt, das Zimmer ist superschick, zum Wohlfühlen.


Doch das eigentliche Highlight kommt erst noch, ohne dass wir es ahnen. Beim heutigen Abendessen sind wir die einzigen und haben sozusagen ein ungeplantes und nicht gebuchtes “private Dinner”. Der Koch und Hausherr (ein Belgier, der noch dazu hervorragendes Deutsch spricht) verwöhnt uns mit seinen Kochkünsten, präsentiert regionale Produkte und einen schönen Wein dazu - und hat sichtbar Spass dabei. Im Anschluss sitzen wir um den Tisch und er nimmt sich Zeit, erzählt uns etwas über die Region und die Sehenswürdigkeiten - die bekannten und die weniger bekannten. Schnell müssen wir feststellen: Wir müssten eigentlich weitere vier Wochen nur für Andalusien dranhängen…

Tag 20 - Olivenöl zum Frühstück und der Duft frischer Blüten

Eine Besonderheit des spanischen Frühstücks ist ja das irgendwie allgegenwärtige Olivenöl. Wir kennen den Genuss zusammen mit einem guten Brot eher als Vorspiel eines genüsslichen Abendessens. Die Spanier beginnen gerne den Tag mit ölig beträufeltem Brot. Und ja, es hat was, auch wenn es uns Mitteleuropäer vielleicht etwas Überwindung kostet, um 9 Uhr in der Früh.


Dann geht es ein paar Minuten zu Fuß zum Cordovan Alcazar, einer Festung und Palast, hinter deren massiven Mauern sich auch ein Großteil der architektonischen Entwicklung Cordobas versteckt. Römische und westgotische Überreste koexistieren mit denen arabischen Ursprungs. Hier spielten sich zudem zahlreiche Episoden der Geschichte des Landes ab.Königliche Residenz, muslimische Festung, später Sitz der kirchlichen Inquisition und von 1822 bis 1931 Gefängnis. Von hier aus wurde die Eroberung des Königreiches Granada organisiert und fanden die Gespräche von Christoph Kolumbus vor seiner ersten Reise nach Amerika statt. Aus der Huerta del Alcazar entstanden die wunderschönen Gärten, die heute ungefähr 55.000 Quadratmeter einnehmen und zum Schlendern und Verweilen einladen- auch uns. Im Schatten einiger Feigenbäume genehmigen wir uns eine Pause, genießen die Stille um uns herum und füllen den Wasserspeicher wieder auf. Wie schon zuvor, umweht der Duft frischer Blüten unsere Nasen, als wir Richtung Ausgang spazieren.


Im Anschluss noch unbekannte Teile der Altstadt erkundet und wieder bei El Baron gelandet, wie am Vortag, und mit Tapas den Hunger gestillt. Um uns herum erneut das pralle Leben. Mehrere Tische voller Omis, alle aufgebrezelt für den sonntäglichen Kirchgang, laut schwatzend und lachend und alle mit einem Glas Cerveza oder Weißwein.

Tag 19 - Die Seele von Cordoba


Angenehm spät erwacht in Spanien der Tag. Im Süden noch mehr, als weiter nördlich. Auch Cordoba ist hier keine Ausnahme. Frühstück unter der Woche erst ab 9 Uhr, die Ladenbesitzer beginnen gegen 10 Uhr so langsam ihre Rollläden zu öffnen und die Auslage zu präsentieren. Kleider werden an Drahtgestellen neben die Türen gehängt, der Geruch von Leder schwirrt durch die Luft. Nichts zeugt hier auf den ersten Blick von unserer mitteleuropäischen Getriebenheit und Hektik. Alles läuft ruhiger.


Wir haben uns angepasst und starten auch um 9 Uhr mit einem kleinen Frühstück. Je weiter südlich, desto größer übrigens auch die Unterschiede zu unserem Frühstück. Es überwiegen Wurst und Käse und Toastbrot. Süße Sachen sind eher spärlich. Aber auch daran gewöhnt man sich.


Um das Anstehen an Schlangen zu vermeiden, haben wir gestern Abend noch online Karten für die Nachtbesichtigung der Mezquita Cathedrale gekauft, die dann heute um 23.30 Uhr startet. Allerdings geht dies nicht für den Glockenturm. Also steuern wir um kurz vor zehn Uhr an die Kasse und ergattern zwei der begehrten Tickets für 10.30 Uhr. 


Nachdem der Torre Campanario (Glockenturm der Mezquita) seit 1990 für die Öffentlichkeit gesperrt war, können Touristen und Einheimische ihn seit 2014 wieder besteigen und die Stadt von ihrem höchsten Punkt aus überblicken. Der zu Zeiten Abd al-Rahman III. (951/952 n.Chr,) insgesamt 54 Meter hohe Turm war ursprünglich ein Minarett. Von hier aus rief der Muezzin die Gläubigen zum Gebet. Nach der Rückeroberung Córdobas durch christliche Truppen im Jahr 1236 wurde der Turm - ebenso wie die Moschee - kirchlich geweiht und in einen Glockenturm umgebaut. Die Turmbesichtigung führt die Besucher bis in eine Höhe von rund 40 Metern. Von hier oben bietet sich eine unbeschreibliche Aussicht über große Teile der Altstadt, die Mezquita-Kathedrale, den Orangenhof, den Fluss und die so genannte Campiña del Sur, eine fruchtbare Ebene südlich der Stadt. Doch die spektakuläre Aussicht ist nicht der einzige Grund für den Besuch. Auf dem Weg nach oben können die Besucher im Inneren des Turmes Reste des aus dem 10. Jahrhundert datierenden Minaretts bestaunen. Die Besteigung des Turms kostet drei Euro pro Person. Der Aufstieg erfolgt zu jeder vollen und halben Stunde in Kleingruppen von maximal 20 Personen. Sehr zu empfehlen.


Von dort sind wir dann weiter zur Puente Romano (Römischen Brücke). Über 16 mächtige Steinbögen spannt sich das 250 Meter lange und unter dem römischen Kaiser Augustus entstandene Bauwerk in Córdoba über den Guadalquivir. Die Bogenbrücke mit Keilsteingewölbe ist ein historisch und architektonisch bedeutendes Bauwerk und eins der größten erhaltenen römischen Bauwerke in Andalusien. Das Meisterwerk römischer Ingenieurskunst entstand um 45 vor Christus nach der Schlacht von Munda. Man vermutet, dass die Brücke Bestandteil der Vía Augusta war, die von Rom ins südspanische Cádiz führte. Wahrscheinlich ersetzte sie eine viel ältere primitive Holzbrücke. Im 10. Jahrhundert wurde die Brücke vom damals in Córdoba residierenden Kalifen vollständig erneuert, der Beginn einer langen Reihe von Renovierungen und Erweiterungen. So kamen im Mittelalter das Brückentor Puerta de la Puente und der Wachturm Torre de la Calahorra hinzu. Die Puente Romano war 20 Jahrhunderte lang die einzige Brücke von Córdoba.


Durch einen Grüngürtel folgen wir auf der gegenüber der Altstadt liegenden Flussseite einige Zeit zu Fuß dem Wasserlauf. In den Bäumen surrt und zirpt es stellenweise ohrenbetäubend. Bei der nächsten Brücke wechseln wir zurück, schlendern durch Teile der Altstadt, in denen sich weniger Touristen drängen, wobei sich das insgesamt in angenehmen Grenzen hält. Aus den Fenstern dringen Jazzklänge, Telefonate, der gemeinsame Gesang von Mutter und Tochter und verleihen den oft weiß getünchten Häusern und schmalen Straßen Leben. In den Bars stehen die Väter oft mit Kindern zusammen und unterhalten sich mit ebensolchem Körpereinsatz, wie ein paar Meter weiter die Frauen.


Durch Zufall liefen wir in eine Tapasbar, die wir uns ausgeguckt hatten: El Barón, auf dem kleinen Pl. de Abades, etwas abseits gelegen und doch mittendrin. Anfangs noch leer, füllen sich die Tische und Stühle rasch, der Geräuschpegel steigt auf angenehm spanische Art. Scheinbar wird die Bar auch von vielen Einheimischen frequentiert. Man scheint sich zu kennen, unterhält sich über Tische hinweg miteinander. Vertraut, entspannt, freundlich. Dort genießen wir verschiedene Tapas im Schatten, die unvermeidliche kalte Coke und später eine Sangria für Karin und ein Glas Verdejo für mich. Ein Besuch in dem kleinen Schmuckstück lohnt sich.


Dann ist Zeit für eine kleine Siesta, ehe es dann gegen Abend wieder losgeht. Auch das Nachtleben der Stadt startet spät. Vor 20 Uhr muss man nicht auf die Straße. Ab 21 Uhr füllen sich die Restaurants und Bars, Musik, Gespräche und der Duft nach frischem Essen erfüllen die Straßen, durch die wir schlendern. Auch ein Gang über die Römische Brücke lohnt sich in den Abendstunden. Gegenüber der Altstadt, am Torre de la Calahorra  bietet sich ein einmaliger Panoramablick auf den Komplex der Mezquita-Kathedrale, den Fluss, die Puerta de la Puente und die Puente Romano de Córdoba. Geht die Sonne unter, tauchen letzte Sonnenstrahlen die Altstadt und die Moschee in ein tiefgoldenes warmes Licht, Straßenmusiker versammeln sich, John Lennons Imagine erklingt auf Spanisch, zwei Junge (vielleicht Studenten?) spielen spanische Lieder auf der Gitarre. Später hören wir eine Sängerin, die auf einer Bühne von einem Gitarristen begleitet, traurige Lieder trällert.

Nachtbesichtigung der Mezquita

Warum die Mezquita von Cordoba auch den Beinamen El alma de Cordoba (Die Seele von Cordoba) hat, wird bei unserer Nachtbesichtigung rasch klar. Und vorneweg: Wir sind aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen. Es gibt wahrscheinlich wenige derart beeindruckende Baudenkmäler.


Ein gut zehnminütiger Einführungsfilm liefert unserer maximal fünfzigköpfigen Gruppe einen kurzen Abriss der Geschichte und einige Eckdaten des beeindruckenden Bauwerks. Über den in wenig, aber stimmungsvolles Licht getauchten Orangenhof geht es dann ins Innere, in dem sich 856 kunstvolle Säulen auf einer Fläche von 24.000 Quadratmetern erstrecken. Man kann nur erahnen, von welche gewaltigen Ausmaßen die gesamte Halle ist, die zeitweise bis zu 40.000 Menschen Platz zum Gebet geboten hat. 


Wir werden schrittweise durch die einzelnen Bereiche geführt, die auch die Entstehungsgeschichte der heutigen Mezquita veranschaulichen. Der Audioguide liefert die Erklärungen und eine dezente Lichtgestaltung führt die Augen durch die auf den Resten einer westgotischen Basilika aus dem 6. Jahrhundert errichteten Moschee. Denn die Mezquita kann auf eine mehr als tausendjährige Historie zurückblicken und besteht aus unterschiedlichen, sich überlagernden Architekturstilen, die sich im Laufe der Jahrhunderte infolge mehrerer Umgestaltungen an dem Bau miteinander vermischt haben. 

Der Eindruck eines wunderschönen Säulenlabyrinths mit doppeltem Bogenwerk und Hufeisenbögen ist schlichtweg atemberaubend, allein schon aufgrund seiner schieren Größe. Nach Abschluss der Bautätigkeiten verzeichnete die Mezquita im Jahr 1009 eine Länge von 175 Metern und eine Breite von 130 Metern. 

Nach der Rückeroberung der Stadt durch die Christen wurde 1523 im Inneren der Moschee eine Kathedrale errichtet, in der besonders der Hochaltar, das Barockretabel und das Chorgestühl aus Mahagoni bestechen ebenso, wie der Klang der Orgel. Nach einer guten, lehrreichen und spannenden Stunde werden wir wieder in die Nacht entlassen und sind schlichtweg sprachlos und geflasht von den Eindrücken, die sich während der letzten sechzig Minuten in unsere Erinnerung eingebrannt haben.

Die Nachtführung bekommt von uns eine uneingeschränkte Empfehlung. 18 Euro pro Person, die sich lohnen und für uns ein gelungener Abschluss eines langen Tages.



Tag 18 - Cordoba

Kennt jemand den Film “Kanonen für Cordoba”? Nein? Ist auch egal. Nix verpasst.Ein kleiner, schmutziger und unbedeutender Western von 1970 mit George Peppard (“Frühstück bei Tiffany”). Und mit unserem Cordoba hat er auch rein gar nichts zu tun, in das es uns heute verschlagen hat. Das Cordoba des Films liegt jenseits des Atlantik, in Mexiko. 


Nach dem Frühstück haben wir die grandiose Aussicht der letzten Tage hinter uns gelassen. Als das Auto beladen und wir schon am Abfahren waren, sprangen Mama und Sohn der Gastgeberfamilie von ihrer Terrasse noch zur Eingangstüre. Winkend, lachend und mit einem herzlich klingenden spanischen Wortschwall haben sie sich verabschiedet und am Ende laut Adiós gerufen. Die letzten Tage hatten wir uns mit Händen und Füßen verständigt und sicher für den einen oder anderen Lacher mit unseren laienhaften Spanisch-Sprachversuchen gesorgt. Aber am Ende hat man sich immer verständigt. Eine herzliche Begegnung. Und so fuhren wir mit einem Lächeln auf den Lippen die Schotterpiste hinunter.


Die 425 Kilometer flogen ganz entspannt vorbei.  Mit längerer Pause sind wir dann gegen 15 Uhr in Cordoba. Dazwischen goldene Felder, unendliche Olivenhaine und die ersten Palmen. Und mit der Einfahrt nach Cordoba über eine Palmenallee beginnt das Abenteuer. Riesige Häuser begrüßen uns, prächtige Springbrunnen, die an die Cote d´Azur erinnern und Kreisverkehre mit vier Spuren, aus denen auch mal fünf oder sechs werden können. Und dazwischen: Kutschen!


Unser Soho Boutique Hotel liegt mitten in einer der schönsten Ecken der Stadt. Allerdings besteht das historische Jüdische Viertel aus unglaublich verwinkelten und schmalen Gässchen, in deren Gewirr aus Einbahnstraßen und Fußgängerzonen wir zum Hotel schleichen - und mehr als einmal Angst um die Außenspiegel haben, so sau eng geht es zu. Wieder mal sind wir froh über den kleinen T-Cross. Jedes größere Auto unterm Hintern wäre einem Himmelfahrtskommando gleichgekommen. Fußgänger müssen so schon in Hauseingänge springen und sich dünn machen, damit wir aneinander vorbei kommen. Gute eineinhalb Kilometer ging das so. Schweißtreibend trotz Klimaanlage.


Dann, irgendwann abgekämpft vor dem Hotel. Kein Platz zum Warten, von den Gassen vor und hinter uns quellen andere Autos herein. Karin springt aus dem Auto. Adresse stimmt. Aber zwanzig Klingeln. Zum Glück kommt ein Spanier vorbei, klingelt und die Tür springt auf. Vier Hinterhöfe weiter eröffnet sich eine kleine Idylle mitten in der Stadt. Ein schnuckelig kleiner Hoteleingang und am Ende geht alles gut. Das Auto steht im 5 Minuten entfernten Parkhaus und wir sind im Zimmer. Das Hotel ist herrlich, unser Zimmer superschick, nimmt die kulturelle Vielfalt der Stadt auf und garniert alles mit einem Schuss Moderne. Empfehlenswert. 


Bei einem kleinen Spaziergang bei angezeigten 41 Grad atmen wir den ersten Hauch des Charmes dieser Perle im Süden Spaniens.


In Cordoba also schlagen wir für die nächsten drei Nächte unser Lager auf. Dann soll es noch eine Station weiter in den Süden gehen. Und obwohl wir großzügige vier Wochen zur Verfügung hatten, müssen wir langsam einsehen, nur bestenfalls einen Bruchteil dieses schönen Landes erkunden zu dürfen. Angedacht war ja auch noch ein Abstecher nach Portugal, doch den Gedanken beerdigen wir einhellig, denn nächste Woche geht es auch schon an die Rückfahrt, die wir wie den Rest der Reise entspannt und stressfrei gestalten wollen. Bis dahin genießen wir jede Minute in vollen Zügen. 


Was der Abend bringt? Wir werden sehen. Aber es könnten Tapas & Wein sein :)

Tag 17 - Mit Don Quichotte und Sachso Pansa gegen die Windmühlen

Nach dem kleinen und gemütlichen Frühstück zieht es uns wieder los. In die Mancha, die Heimat des Ritters von trauriger Gestalt und seinem Knappen: Don Quichotte und Sancho Pansa. Die beiden Hauptfiguren sind etwa so gegensätzlich wie Laurel und Hardy und ziehen gemeinsam durch das Land. Hier der magere fahrende Ritter auf seinem klapprigen Gaul, und dort der kleine dicke Knappe auf seinem Esel. Es entfaltet sich ein rhetorisches Feuerwerk, es wird gerauft, getrunken und geredet. Es ist das Buch Spaniens. Von Miguel de Cervantes verfasst, sind die beiden Bände 1605 und 1615 erstmals erschienen. 


Vorbei an ständig wechselnden Landschaften und Wein- und Olivenfeldern, soweit das Auge reicht, wird es zeitweise dann etwas karger, je näher man um diese Jahreszeit der südlichen Mancha kommt. Auf einem Bergkamm über dem umliegenden Flachland des Dorfes Consuegra thronen neun dieser “monströsen Riesen”, als die Don Quichotte die Windmühlen im Roman bezeichnet.


Im Ort gibt es beim Touristikzentrum ausreichend Parkplätze. Zwar kann man auch direkt zu den Windmühlen fahren. Aber wir lassen das Auto stehen und sind keine zehn Minuten später, vorbei am Dorfplatz, bei der ersten Windmühle, in die man besichtigen kann. Machen wir natürlich. Alles klein, beengt und zu früherer Zeit sicher beschwerlich.


Je weiter wir nach oben laufen, desto mehr Touristen schwirren um uns herum- aber in überschaubarer Anzahl. Auch hier fast ausschließlich Spanier, ein paar wenige Franzosen und ein Auto aus Belgien. Es lohnt sich, die weiß gekalten molinos de vientos (Windmühlen) mit ihren Holzwindrädern abzulaufen. Wir beginnen mit der letzten und wie so oft ist azyklischen Verhalten nicht unklug, da wir so gegen den Strom schwimmen und in Ruhe unsere Fotos schießen können.


Noch ein kurzer Blick in den Innenhof des imposanten Schlosses, ehe wir in das verschlafene Örtchen zurücklaufen. In einem Restaurant gönnen wir uns Patatas Bravas und Calamri - und eine eiskalte Cola!


Dann geht es zurück mit einer Zwischenstation: Schon von der Ferne sieht man die zehn verbliebenen Windmühlen, der ursprünglich 32, die in dramatischer Schönheit über dem Ort Campo de Criptana stehen. Der Ort ist nichts besonderes, hat aber einen weltbekannten Spross hervorgebracht: Den seit Luis Bunuel wahrscheinlich bekanntesten Filmregisseur Pedro Almadovar (“Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs”, “Zerissene Umarmungen”, “Parallele Mütter”). Doch schon bevor er 20 war, ist er nach Madrid gezogen.


Die Rückfahrt vergeht wie im Flug. Spaniens Straßen im Landesinneren sind nicht so stark befahren. Im Hotel taucht Karin in das kühle Wasser, dreht ihre Bahnen. Später fließt der Tag in den Abend und wir genießen die Ruhe mit unseren Büchern und dem Rest vom gestrigen Wein.


Nach dem einfachen, aber vorzüglichen und landestypischen Abendessen endet auch heute ein wunderschöner Tag. Leider werden es immer weniger, die uns bleiben, ehe wir zurück müssen. Umso mehr genießen wir jeden einzelnen unvergesslichen Augenblick. 

Tag 16 - Die Felsenstadt Cuenca, der Sturm und das zerbrochene Weinglas

Eine Stadt, erbaut auf einem Felsen, inmitten zweier Täler. Hört sich beeindruckend an? Ist es auch. Die herrliche Altstadt von Cuenco im nordöstlichen Kastilien, genauer genommen in La Mancha, ist einen Besuch wert. Zerklüftete Berge und Täler mit zahlreichen unverfälschten Dörfern markieren den Weg. Einen Zwischenstopp machen wir am Staudamm Mirador de la Presa de Entrepenas. Die neue Altstadt ist wie so oft langweilig. Also bei der Anfahrt: Scheuklappen drauf und durch. Es lohnt sich.


Ein paar Touristen schwirren natürlich durch die 55.000 Einwohner große Stadt, vorwiegend Spanier, ein paar Franzosen und sogar italienisch hört man hin und wieder. 

Wir schlendern durch die von alten und sich steil windenden Gassen, gesäumt von fröhlich bunt angemalten Häusern. Auch die mittelalterliche Stadt Cuenca (Hauptstadt des berühmten Manchego Käses übrigens) gehört zum Weltkulturerbe der Unesco und präsentiert sich, wie das bunte bemalte Bühnenbild einer Stadtkulisse fürs Theater. Erbaut wurde sie im 14. Jahrhundert wirklich auf einem steilen Felsplateau, an dessen Fuß sich zwei Schluchten treffen. Die mit Holzbalken errichteten Häuser schmiegen sich in schwindelerregender Höhe in die steilen Felshänge oberhalb des Rio Huecar und scheinen wie eine Verlängerung des Gesteins aus den Felsen herauszuwachsen. Vor den Fenstern und den hölzernen Balkonen sind Wäscheleinen gespannt und die Stimmen der Besucher vermischen sich mit denen der Einheimischen zu einem wunderbar bekömmlichen Kulturenmix-Cocktail.


Unsere Neugier hat uns mal wieder die Zeit vergessen lassen. Und wie jeden Mittag ist jetzt in Spanien Siesta. die Läden schließen, die Menschen verschwinden in ihre Häuser. Doch uns plagt ein kleiner Hunger. Wir streifen durch das Städtchen und erspähen eine winzig kleine Paneria (Bäckerei), schlüpfen durch den Lamellenvorhang aus Plastik und sehen - leere Regale. Die Verkäuferin spricht nur spanisch, aber mit Händen, Gesten und Lächeln geht es auch hier hilfsbereit und Nationenübergreifend. Sie fischt aus einem riesigen Holzkorb noch ein knuspriges Weißbrot, das uns 80 Cent kostet.


Ein paar Meter weiter findet sich noch ein offener Gemüseladen. Auch die Mama hinter der Theke spricht nur spanisch, doch ihre Tochter ein gutes Englisch und schnell sind zwei saftige, rote Tomaten gekauft - und wir gerttet.


Für heute war unser Besichtigungsdurst gestillt. Zurück zum Hotel, ab in den kleinen Pool und gerade noch rechtzeitig vor dem sich am Horizont mit düsteren Wolken ankündigenden Gewitter wieder auf der kleinen Terrasse zurück. Minuten später pfeift der Wind in luftiger, zerrt an allen herumstehenden Gegenständen, der Donner grollt entfernt. Eine Böe wirft ein gefülltes Weinglas mit einer Leichtigkeit um, wie eine Menschenhand einen Dominostein. Zurück bleiben eine Pfütze und Scherben. Aber die bringen ja bekanntlich Glück. Ein paar niedliche Regentropfen später, ist der Spuk dann auch schon vorbei.

Tag 15 - Die vielen Gesichter des Landes

Wenn man die Spanier in den eher entlegenen Gegenden, in die es deutsche Touristen eher selten zu verschlagen scheint, beschreiben soll, dann trifft es vielleicht warmherzig und offen. Und dafür braucht es keine gemeinsame Sprache. Wo immer wir auf Einheimische treffen, ist es immer dieselbe Erfahrung. Kaum jemand spricht englisch. Aber das tut der uns entgegen schlagenden Hilfsbereitschaft keinen Abbruch. Im Gegenteil. Als wir nach dem Weg zu unserer Unterkunft fragen müssen und die Verständigung etwas kompliziert ist, wird kurzerhand die Farmacie (Apotheke) des Ortes Zorita de los Canes zugesperrt und uns mit wildem Handwedeln bedeutet, in unser Auto zu steigen und dem kleinen Seat zu folgen, in den die Frau springt. Und ein paar hundert Meter weiter, weist sie uns auf den Feldweg, dem wir die nächsten zehn Kilometer folgen sollen, um zu unserem Hotel zu kommen.


Doch bis wir hierher gekommen sind, hat es mit Pausen gute sechs Stunden gedauert. Nach dem Frühstück sind wir vom Kloster auf die Autobahn und die 526 Kilometer Richtung Madrid gefahren. Autobahnen, die fast durchgehend in absolut hervorragendem Zustand sind. 


Die Landschaft ist so Abwechslungsreich, wie die unsere Playlist mit dem passenden Soundtrack unserer Reise: Von U2, Editors, Moby,  Interpol, Moderat und Fury in the Slaughterhouse über The Cure, Terry Hoax, Simple Minds, Genesis, Placebo, Bruce Springsteen bis David Bowie, Radiohead, The Police, Depeche Mode oder R.E.M.

  

Zerklüftete Felsformation ragten mächtig aus den Tälern auf. Dazwischen spannen sich weite Täler mit unterschiedlichen Feldern, wie bei einem amerikanischen Quilt. Goldgelbe Felder werden abgelöst von saftig grünen Wiesen und Baumplantagen. Dann wieder mächtige Felsen, deren ausgefranste Ränder hart und rau die unterschiedlichen Gesteinsschichten der Jahrmillionen spiegeln.  Dazwischen haben sich platte Hochebenen eingegraben, die aussehen, als habe man die Spitzen mit einer Gipserkelle glatt gestrichen. Später dann roter Sandstein und kleine spitze Hügel mit mittelalterlichen Bauten, die an die maurische Bauweise erinnern.


Leider allgegenwärtig: Die Warnung vor extremer Waldbrandgefahr. Und immer wieder sehen wir in der oben beschriebenen Landschaft auch ganze Landstriche, die schwarz und voller Trauer ihr verbranntes Antlitz mahnend zur Schau stellen. Der Klimawandel ist also allgegenwärtig und es werden auch enorme Mengen an immer knapper werdenden Wasser benötigt, um die beschriebenen Felder jeden Tag zu bewässern. So wird deutlich, wie bedrohlich die des von Menschenhand gemachten Klimawandels für die Menschen werden können und wie sich die Natur verändert, das Klima rauer und extremer wird.


Heute ist übrigens ein vergleichsweise windiger, beinahe schon kühler Tag, denn das Thermometer klettert kaum über 30 Grad. Karin fröstelt beinahe :)


Von Zorita de los Canes (ca. 150 Kilometer von Toledo entfernt) fahren wir dann durch eine wahrlich abenteuerliche und stellenweise enorm schmale Schotterstrecke gute zehn Kilometer durch Hügel hinauf und hinunter, an einem Fluss vorbei und am Ende einen enorm steilen Berg hinauf zu unserer Unterkunft Hotel Las Nubes. Das Cave-Hotel sitzt einzigartig gelegen einsam auf einem Berg und bietet einen fantastischen Blick auf das umliegende Panorama. Die Unterkunft ist einfach aber sehr schön und im selbstgesetzten Budegtrahmen. Wir werden herzlich empfangen und gönnen uns nach der langen Zeit im Auto etwas Entspannung am Pool und drehen ein paar Runden im kühlen Nass, fressen einige Seiten unserer Bücher und köpfen schon mal einen wohltemperierten Rose, ehe es um 21 Uhr zum Abendessen geht.

Tag 14 - Ein Tag am Meer


Obwohl um uns nur grüne Hügel zu sehen sind, ist es nicht weit an Meer. Tarragona, die alte Stadt am Mar Mediterráneo, liegt quasi vor der Haustüre. Allerdings entscheiden wir uns für der Naturpark am Ebro-Delta.


Zuerst geht es nach Riumar. Auto abgestellt, über einen schönen Steg an den Strand und siehe da: alles überschaubar, keine Liegestuhlvermietungen. Dafür erstreckt sich rechts und links kilometerweit ein schmaler Sandstrand. Wir nehmen Kurs auf den Leuchtturm, das Meer umspielt unsere nackten Füße, der weiche und warme Sand quillt immer wieder zwischen den Zehen durch. Nach gut zwei Kilometern finden wir ein ruhiges und unberührtes Fleckchen, werfen das Handtuch auf den jungfräulichen Sand und knallen uns in die Sonne. Lesen. Schwitzen. Langweilen.


Nach einer Stunde haben wir genug. Urlaub am Strand, das ist nichts für uns. Allen, die sich gerne wie eine Bratwurst stunden- und tagelang in der Sonne rösten lassen, sei dies unbenommen. Aus unserer Perspektive gibt es dafür zu viel zu sehen. In einer Strandbar genehmigen wir uns daher auch nur noch eine kühle Cola, ehe wir zum Naturmuseum des Ebrodeltas aufbrechen.


Wir fahren kilometerlang durch Reisfelder. Ja, richtig gelesen. Reisfelder. In Spanien wird Reis angebaut. Sie ziehen sich auf beiden Seiten der Straße bis zum Horizont. Hin und wieder sehen wir Menschen in den Feldern arbeiten und dabei bis zu den Hüften im Wasser stehen. Als wir ein Platz zum Halten finden, duftet die Luft wie nach frisch gekochtem Reis. Wahnsinn.


Also fahren wir zum Museum Mon Natura Delta de L’Erbe. Ein kleiner, aber feiner Ort, der viel zu erzählen hat über die Gewinnung von Meersalz, Flora und Fauna der Region, in der unzählige Tierarten heimisch sind, von Schlangen bis Flamingos. Es bietet sich sogar die Gelegenheit für eine kurze und romantische Bootsfahrt. Fast wie in Venedig, versucht sich Kai als Fährmann. Naja, er hat sich bemüht .) 


Flamingos sehen wir dann außerhalb des Museums noch durch das sumpfige Gelände stacksen.


Und nun, wie kann es auch anders sein, werden die Zeilen bei einem Glas Weißwein verfasst, die Bilder des Tages gesichtet, von denen aufgrund der schlechten Internetverbindung wieder nur ein minimaler Ausschnitt hochgeladen werden kann. Aber wir freuen uns darauf, alle Bilder zuhause am großen Bildschirm sichten zu können und die Auswahl für das Buch zu treffen, das wir über die Reise machen wollen.

Tag 13 - Alte Gemäuer, grüne Täler und zum Abschied ein fröhliches Winken

Wenn man schon mal in einem Kloster übernachtet, muss man sich diesem besonderen Ort natürlich auch widmen. Was sofort auffällt, ist die Ruhe. Gemeint ist nicht nur die Stille an sich, sondern auch die Ruhe und Freundlichkeit, mit der hier sämtliche Personen am Werk sind. Und doch lebt es, ist die Atmosphäre locker und entspannt, im Hotel läuft Musik. Keine schnarchige Bar-Musik, sondern von Cranberries über Metallica bis hin zu chilligen Jazz- und Bosa-Nova-Covern feiner Pop- und Rockklassiker. Zur Erinnerung: Wir sprechen über ein Kloster und Kai kann seine Überraschung kaum verbergen..


Das Kloster Monestir de Santa Maria de Poblet gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe, stammt aus dem 13. Jahrhundert und präsentiert sich hervorragend restauriert, offen und mit einer gewissen Leichtigkeit. Es gilt als eine der größten und best erhaltendsten Klosteranlagen in Spanien (die Spanier behaupten, sogar in ganz Europa). Die Besichtigung (mit deutschem Audioguide) führt uns zunächst ins Museum, wo zahlreiche wertvolle Unikate aus dem Besitz des Klosters ausgestellt sind. Das ist insofern beachtlich, da es von Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1940er Jahre leer stand, dem Verfall preisgegeben war und geplündert wurde. Das alles präsentiert sich sauber, aufgeräumt und gut kuriert, mit Blick fürs Detail in der Präsentation einiger Stücke.


Nach dem Museum ist das Kloster für Besucher geöffnet, die dort noch lebenden Mönche sind mit ihrer Morgenandacht fertig und gehen ihrem Tagewerk nach. Der Kreuzgang bietet an seinen vier Ecken Zugang zu den unterschiedlichen Flügeln des mächtigen Gemäuers. Allerdings sind der physische, der psychische, der spirituelle und der soziale Flügel zu unterschiedlichen Zeiten entstanden. Teilweise noch in Betrieb, teilweise als Museumsraum, bieten sie einen tiefen und interessanten Einblick in das Klosterleben damals und heute.


Nach dem beeindruckenden Inneren der zum Kloster gehörenden Kirche, in der auch sechs Könige bestattet sind, geht es hinauf in das Obergeschoss, wo früher der Schlafsaal war. Zum Abschluss dann auf den Vorplatz, wo die Führung endet. Und wie an anderer Stelle bereits erwähnt, völlig egal, ob man mit dieser Religion einig ist oder nicht, sie kritisiert oder lobpreist, sich mit der Geschichte an solchen Orten auseinanderzusetzen, ist fast immer ein lohnenswertes Unterfangen.


Grüne Hügel und malerische Dörfer

Am Nachmittag dann das Kontrastprogramm: Eine Fahrt führt uns fast 2 Stunden durch einen fast an das Kloster angrenzenden Naturpark Muntanyes de Prades. Schmale Straßen, unzählige Haarnadelkurven und die ständige Furcht, es könnte einem auf dieser kurvigen, aber traumhaft schönen Strecke jemand entgegenkommen. Denn befestigt ist hier kaum etwas, obwohl weite Teile neu asphaltiert wurden. Manchmal geht es knapp neben dem weißen Streifen ordentlich in das Tal, durch die sich die Bergstraße windet. Unbeschreiblich schön mit Felsen, Anhöhen, Ebenen mit Olivenfeldern und Nussbäumen, tiefe Schluchten. Das Land präsentiert sich hier ganz anders als in Aragonien. Saftig, grün und scheinbar gut im Saft, sind die Bäume hier dicht gedrängt in die Hügel gestanzt. Wir kommen vorbei an dem Ort Prades, fahren durch kleine Bergdörfern, die sich wie gemalt an die Hügel schmiegen, bei Capafons bleiben wir kurz und wandern durch diese spanische Dorfidylle. In den Häusern wird geschwatzt, es duftet nach frisch gekochtem Essen, der eine oder andere Fernseher scheint zu laufen.


Weiter die Straße (jetzt noch schmaler) nach Farena entlang. Zehn Kilometer, die es in sich haben. Karin krallt sich hin und wieder ins Armaturenbrett, wenn uns mal wieder ein Spanier sportlich um die Kurve entgegengeflogen kommt. Da ist schnelle Reaktion und keine falsche Bewegung gefragt. Kurze Station machen wir bei Refugi Els Masets, einem kleinen inmitten der Berge gelegenen familiengeführten Hotel und Restaurant, genießen einen Café Solo und einen vorzüglichen hausgemachten Nachtisch und frische Oliven. Neben schart sich eine typische spanische Großfamilie an diesem Sonntag um den Abuelo (Großvater), der es sichtlich genießt. Es wird laut geschwatzt, gelacht, gegessen und getrunken. Auch an den anderen Tischen sitzen nur Spanier, keine Touristen. Irgendwann müssen wir aber leider weiter, da das Restaurant schließt. Die Besitzer winken uns zum Abschied strahlend hinterher.


Zurück im Hotel, verabschiedet sich Karin und kommt fast zwei Stunden später ganz fasziniert zurück. Was ist geschehen? Die Mönche haben immer am Abend ihre Kirche, halten das Abendgebet. Das wollte sich Karin nicht entgehen lassen. Ein lohnenswertes Spektakel, wie sie zu berichten wusste, in einer Kirche, mit fantastischer Akkustik, einem bombastischen Orgelspiel und stimmungsvoller Beleuchtung. Für Karin ein absoluter Gänsehautmoment.


Der Abend klingt dann bei Wein und Tapas im Klosterhof aus.



Tag 13 - Ab ins Kloster

Heute heißt es Kofferpacken. Aber nicht ohne uns eine letztes Mal von Jorge und seinem einfachen, aber vorzüglichen Frühstück verwöhnen zu lassen. 


Auf der Fahrt zum heutigen Ziel haben wir einen Zwischenstopp eingeplant: Salto di Bierge.


Wie am Tag zuvor und auch in Saragossa: Kein Schwein unterwegs. Da die kilometerlange Straße über weite Strecken kaum breiter als unser kleines Auto war, waren wir darüber nicht unbedingt traurig. Am Aussichtspunkt selbst stand ein Auto, in das sich unendliche viele Spanier gequetscht hatten, um hier raus zu fahren. Sie sind ganz happy, als wir ihnen anbieten, sie alle zu fotografieren, da bei allen Versuchen zuvor immer jemand nicht auf dem Bild war. Als Dank bekommen wir auch ein Foto, auf dem wir beide zu sehen sind. Ok, gestellte Bilder sind nicht so unser Ding, aber nett ist das allemal.


Der Ausblick auf den Stausee, der deutlich weniger Wasser hat, als er fassen könnte, ist einmal mehr phänomenal. Auch für dieses kleine, ruhige und schöne Fleckchen gibt es eine ganz klare Empfehlung. Wie über für Aragonien. Eine abwechslungsreiche, spannende und faszinierende Region, nicht so überlaufen, wie andere Teile Spaniens. Wer Ruhe und Natur sucht, der ist hier richtig. Wer Action und Nachtleben will, sollte wahrscheinlich eher nach Barcelona, Madrid oder Valencia.


Spontan beschlossen wir noch zum Kloster Nuestra Senora Del Pueyo zu fahren, da eindrucksvoll auf einem Hügel in der Nähe von Balaguer aus dem Tal aufragt. Der Weg nach oben führt über eine schmale Straße mit Schlaglöchern, die den Gratern auf dem Mond wahrscheinlich Konkurrenz machen könnten. Zum Glück kommt uns kein anderes Auto entgegen, so dass wir wohlbehalten unsere langsame Kurvenfahrt nach oben fortsetzen können. Was vom Tal aus mächtig und prächtig aussah und auch im Internet so beschrieben ist, entpuppt sich leider als weniger beeindruckend, als angeommen und leider auch etwas heruntergekommen. Aber für unser Picknick mit gutem Obst und Gemüse aus einem auf der Strecke liegenden Dorfladen, der nur regionale Produkte verkauft, absolut ideal. Denn die Aussicht ist von hier oben für 360 Grad einmal mehr grandios.


Die nächste Stunde führt uns dann über Land nach Katalonien, in Richtung Tarragona. Viel Industrie, nicht gerade einladend. Aber auch diese Orte gehören zum Land dazu.


Doch je näher wir dem Ziel kommen, desto grüner und einladender wird die Landschaft wieder. Und dann sehen wir es, das beeindruckende Kloster Reial Monesteir de Santa Maria de Poblet, das zum UNESO-Weltkulturerbe gehört. Im dortigen Hotel dieser gewaltigen Klosteranlage gastieren wir die kommenden drei Nächte. Und nein, wir mussten dafür weder ein Schweigegelübde ablegen, noch den Keuschheitsgürtel umlegen. 


Die Anlage ist prächtig in Schuss, das Hotel einfach, aber sehr sympathisch und sauber. Auch hier ist nicht viel los, es geht ruhig zu, so wie man es von diesem Ort erwarten würde.   


In einer kleinen Bodega gönnen wir uns eine kleine Weinprobe mit Tapas - alles regional, danach ein paar Meter weiter noch ein Café Solo, ehe wir auf der Terrasse des Hotels den Tag ausklingen lassen.

Tag 12 - Der Duft von wildem Rosmarin und der Flügelschlag der Geier


Es ist der Duft, der einen verzaubert. Wilder Rosmarin. Er wächst zu beiden Seiten des Wanderpfades durch den Naturpark Parque natural de la Sierra y los Canoes de Guara. Intensiv, würzig und angenehm frisch weht er um unsere Nasen. Es dauert einen Moment, bis wir begreifen, nach was es hier duftet, während uns die Sonne mit etwa 38 Grad auf den Pelz brennt. Aber es riecht wunderbar.


Nach dem Frühstück, für dessen Beschreibung Worte nicht reichen (man muss es erleben), sind wir in den Naturpark aufgebrochen. Eine schmale und kurvige Straße führt uns über viele Kilometer einsam einen kleinen Pass hinauf. Außer einer Handvoll Radfahrer ist hier niemand unterwegs. NIEMAND! Ein Traum für alle, die Sehenswürdigkeiten abseits des Massentourismus genießen wollen. Kein Gedränge, kein Gerangel um die beste Fotoposition, kein Gequassel. Stattdessen Ruhe.


Unser Auto stellen wir am Wegrand in einer kleinen Ausbuchtung ab. Wanderschuhe an, Stöcke raus und die unvermeidliche und absolut notwendige Kopfbedeckung auf. Ganz egal wie dämlich es aussieht. Vier Kilometer in praller Sonne führt uns der Weg zum Fuß des Pena San Miguel. Dort angekommen geht es über einen schmalen Pfad nach oben in den Fels hinein. Wer möchte, kann über einen kleinen Steig auch auf die Plattform klettern. Machbar, aber man sollte weder Höhenangst haben noch anfällig für Schwindel sein.


Neben der einmal mehr faszinierenden Landschaft in dieser absoluten Stille, in die keines der bekannten Geräusche unserer Zivilisation dringt, ist es das Spektakel der Könige der Lüfte, die hier ihr ganzes Können zeigen. Adler, Geier, Falken, Eulen und Uhus bevölkern den Berg, haben überall ihre Nester. Mit Spannweiten von über zweieinhalb Metern gleiten sie völlig lautlos elegant und majestätisch durch die Lüfte. Dutzende von ihnen bevölkern den stahlblauen Himmel, schrauben sich in die Höhe, kreisen durch die Lüfte, lassen sich von den Winden treiben. Immer wieder kreischt ein Adler oder kräht ein Geier. Wer die faszinierenden Greifvögel einmal in freier Wildbahn sehen und erleben möchte, der ist hier am richtigen Ort.


Der Schatten eines Flügelschlages


Von dort wandern wir noch einen guten Kilometer weiter zum Aussichtspunkt Salto de Roldan. Von dort hat man einen sagenhaften Blick auf zwei hunderte Meter hoch aufragende Felsformationen, die wie zwei Wächter den Zugang in das dahinterliegende Tal des Naturparks wirken. Ein bischen erinnert es visuell an Herr der Ringe, die Statuen der alten Könige. Auch hier: Kein Mensch unterwegs. Wir haben den Park für uns.


Auf dem Rückweg haben wir das Gefühl, als würden uns die Vögel begleiten. Immer wieder zeichnen sich ihre gewaltigen Schatten auf den vor uns liegenden Felsen ab. Die so erkennbaren Bewegungen der Flügelschläge ziehen unseren Blick immer wieder in die Höhe. Und ja, da kreisen sie, beobachten uns wahrscheinlich neugierig und wachsam, denn schließlich ist das hier ihr Reich.


Zurück am Auto beschließen wir kurzerhand, noch zu einem Stausee Embalse de Calcon o de Guara zu fahren, den wir in der Ferne sehen konnten. Nach zwanzig Minuten müssen wir aber feststellen, dass er in Natura nicht ganz so spektakulär ausschaut, wie auf den Bildern im Netz. Gelohnt hat es sich allemal. Und auch hier: Keine Touristen weit und breit. Und wenn man doch mal welche trifft, dann fast ausschließlich freundliche und gut gelaunte Spanier.


Auf dem Rückweg ins Hotel den ersten Hunger auf einem Supermarktparkplatz mit einer ganz ordentlichen Empanada gestillt und dann haben wir nochmal den schönen Garten des Hotels genossen und gelesen, ehe wir uns für das leider schon letzte Abendessen an diesem wirklich wundervollen und uneingeschränkt empfehlenswerten Ort fertig gemacht haben.